Dieser Sommer ist ne Tube Zahnpasta und wir quetschen gerade die letzten Reste raus.
Unser Abstecher nach Valencia war eigentlich noch nicht mal das. Es war kein Abstecher, höchstens ein Anpiekser: Kurz zur Markthalle und zur Kathedrale, dann auch schon weiter. Das hat wirklich nichts mit Valencia zu tun, das ist eine wunderschöne Stadt, mit herrlichen Plätzen, urwaldähnlichen Parks und fantastischen Paella-Restaurants (von denen ich kein einziges probiert habe, weil ich mir aufgrund eines sehr aggressiven Akuthungers schon vor der Mittagszeit den Magen mit Falafel vollgeschlagen hatte. Clever!). Es war aber halt irgendwie die zwanzigste wunderschöne Stadt auf unserer Reise und, na ja, beim Eurovision Song Contest wird man ja nach hinten raus auch oft ein bisschen ungeduldig. Sorry Valencia, nachträglich Douze Points!
Unser Weg, der ja immer mehr und ganz heimlich zum Heimweg wird, führte uns dann nach Sitges. Dem geneigten heterosexuellen Leser sagt das jetzt wahrscheinlich nicht viel, alle anderen kriegen dagegen ein Leuchten in den Augen, denn Sitges ist eine Art Homosexuellen-Wallfahrtsort: Jeder pflichtbewusste schwule Mann pilgert mindestens ein Mal im Leben hier her. Dann hüllt er sich in traditionelle Gewänder (also Speedo-Badehose und… nicht viel), verbringt den Tag Seit an Seit an einem der völlig überfüllten Strände (Badetücher, die breiter sind als ein Streifen Toilettenpapier gelten als unsozial – der Trend geht zum Hochkant-Sonnen!), umkreist abends das Allerheiligste, die Plaza Indústria, und wirft Steine auf Heteros mit Outdoorsandalen.
Soweit das Klischee. Sitges ist aber nicht nur das, sondern auch eine richtig schöne spanische Künstlerstadt und sobald man die schwule Schinkenstraße mal verlässt, entdeckt man einen herrlichen Markt (Calamares für den Grill! Da kann der Wiesenhof Bruzzzler aber ganz schnell abbruzzzeln!), tolle Restaurants (was ein bisschen absurd ist, weil viele der durchtrainierten Besucher hier nicht aussehen, als hätten sie schon jemals eine überflüssige Kalorie zu sich genommen), viele Galerien, einen schönen Campingplatz (wohl der erste, auf dem AussieBum-Unterhosen auf Wäscheleinen hängen) und ein paar deutlich unüberfülltere Strände.
Ordentliche Wellen gibt’s hier übrigens auch. So ordentlich, dass ich bei meiner morgendlichen Joggingrunde (mein GOTT, wie lange ich darauf gewartet habe, diesen Halbsatz mal elegant in einen Text einfließen zu lassen!) gestern ein gekentertes Boot samt wild rufenden Passagieren im Meer sah. Ich wollte schon den Hasselhoff machen, als mir dann zum Glück einfiel, dass die Baywatch-Jungs nicht nur rote Badehöschen sondern immer auch so ein praktisches rotes Rettungsteil dabei hatten. Und das nicht ohne Grund. Wenn ich ohne dieses Rettungsteil aufs offene Meer rausgeschwommen wäre, wäre ich wahrscheinlich fix und fertig bei den Gekenterten angekommen, hätte mich außer Atem mit ihnen an ihr Boot geklammert und nur noch mitgeschrieen. Sehr hilfreich! Während ich mir all das überlegte, kamen erfreulicherweise auch schon die spanischen Rettungsschwimmer, die vor dem Losschwimmen allerdings erst ihr T-Shirt sorgfältig zusammenlegten, akkurat neben ihren Schuhen drapierten und insgesamt einen überraschend entspannten Eindruck machten. Es gibt halt bessere und schlechtere Momente für „südländische Gelassenheit“. (Andererseits: Alle gerettet, alle wohlauf. Läuft doch.)
Ach ja, falls Ihr in den Nachrichten von der Unabhängigkeitsabstimmung in Katalonien gehört habt: da geht’s genau um diesen Landstrich hier. Katalonien empfindet sich nämlich schon lange nicht mehr (oder noch nie?) als „spanisch“. Was die Sprache angeht, kann ich das auf jeden Fall bestätigen: ich verstehe kein Wort. Immerhin, eines habe ich gelernt: „Evita la Furts“ heißt „Vorsicht vor Taschendieben“. Schade. Ich hatte gehofft, es wär ne Travestiekünstlerin.
P.S.: Nächster Halt: Andorra. Mein Max Frisch-Trauma aus der Schulzeit auskurieren…