EuropaTour Teil 3

Vor einigen Jahren, in einem besonders verregneten Kölner April, zogen mein Mann und ich uns kurze Hosen und Flip Flops an, stiegen ins Wohnmobil und beschlossen: „Wir fahren jetzt so lange, bis das Wetter zu unseren Klamotten passt“. Daraus wurde unser erster Istrien-Urlaub.

Seitdem kamen wir immer wieder. Diese Halbinsel im Nordwesten Kroatiens ist nämlich ein ganz schön perfekter Flecken Erde. Wo man hinschaut: Links Weinberge, rechts Olivenbäume, dazwischen blüht der Klatschmohn, der Himmel ist geradezu augenkniepig blau und das Meer hat mehr Türkis-Schattierungen als die Sommergarderobe Düsseldorfer Charity-Ladies. An der Straße verkaufen Imker den Honig direkt neben ihren Bienenstöcken (quasi ein Immen-Outlet) und ab dem späten Vormittag drehen sich zahllose Spanferkel über offenen Feuerstellen. Dazu überall venezianische Architektur und römische Überbleibsel – es ist quasi Italien ohne Italiener. Für manche eine verlockende Vorstellung.

Istrische Städte muss man sich folgendermaßen vorstellen: Halbinsel, Hügel aufschütten, Kirche oben drauf, Häuser außenrum. Klingt vielleicht nicht sehr einfallsreich, versprüht aber grenzenloses Urlaubs-Gefühl und hat selbst bei stockfinsterer Nacht mehr architektonischen Charme als 95 Prozent der Kölner Innenstadt bei Tageslicht. Auch das Essen kann sich sehen lassen: Es gibt so viel frischen Fisch und Meeresfrüchte, dass man irgendwann schon morgens überlegt, sich ein paar Calamares ins Müsli zu rühren. Nur die istrische Leidenschaft für Mangold werde ich nie verstehen – dieses Gemüse kommt für mich in Sachen „Sommer-Sexiness“ ganz kurz hinterm Grünkohl.

Kleine Überraschung für Camper: Es ist fast ein bisschen schwierig, in Istrien einen Campingplatz zu finden, auf dem man die Hose auch mal anlassen darf. FKK ist hier ein großes Ding, das kommt wohl noch aus der sozialistischen Vergangenheit, in der DDR waren ja auch quasi 40 Jahre alle nackt. Gegen unbehostes Schwimmen ist ja auch nichts einzuwenden – Fische wollen schließlich auch mal was zu lachen haben. Aber auf so einem Campingplatz macht man ja auch noch andere Sachen, und die Vorstellung, mich im FKK-Supermarkt mit schlackerndem Gemächt nach den Frosties zu strecken, überzeugt mich nicht so richtig. Wobei: Irgendwann buche ich mich vielleicht auf so einem Platz ein und nehme am gesamten Unterhaltungsprogramm teil. Einfach nur, weil ich auf eine BILD-Fotostory hoffe mit der Überschrift: „Peyman Amin – Beim Nackt-Volleyball pritscht er auch untenrum!“

Einen kleinen Nachteil hat die ganze Herrlichkeit: Im Gegensatz zu Slowenien ist man in Istrien nie wirklich allein. Die Campingplätze sind mittlerweile ziemlich durchteutonisiert und versprühen einen dezent jägerzaunig-gartenzwergigen Charme. Wer was auf sich hält, fährt morgens mit dem Leiterwägelchen die prallgefüllte Campingtoilette zur Entsorgungsstelle und bestellt danach an der deutschen Bäckerei seine „fünf Brödla, aber fei ned so dunkel!“. Kroaten trifft man hier jedenfalls so gut wie keine. Wir fuhren deshalb weiter nach Krk, wo meine Cousine ein Häuschen hat. (Klingt wie der Anfang eines schlechten Limmericks: „Ich hatt‘ ne Cousine auf Krk, die aß für ihr Leben gern Qurk…“). Vor allem im Krker Hinterland geht’s noch ein bisschen ursprünglicher zu: Man trifft sich morgens in der Kirche und danach beim Café, alte Frauen füttern streunende Katzen mit den Suppenknochen von gestern, irgendwo singt immer irgendjemand während jemand anders dazu auf der Gitarre herumzupft, am späten Nachmittag versammelt sich die Dorfjugend am Strand und der Arzt öffnet seine Praxis nur einmal pro Woche, weil bei diesen Lebensumständen einfach niemand Lust hat, krank zu werden. Ab dem späten Vormittag wird übrigens auch viel Wein getrunken und wenn man sich als Deutscher dazusetzt, bekommt man gleich noch einen Minisprachkurs gratis, denn wer den Satz: „Ich bin auf Krk und trinke Zlahtina aus Vrbnik“ fehlerfrei aussprechen kann, der hat das Gröbste schon verstanden.

Ach, kleiner Service-Teil zum Schluss: Schwimmer, kommst du nach Kroatien, vergiss die Schwimmschuhe nicht! Die sind zwar, was den Coolness-Faktor angeht, quasi der Fahrradhelm des Wassersportlers, und vernichten in Sekundenschnelle jede Street- bzw. Korallencredibility, aber die kroatischen Kies- und Pieksekiesstrände sind nur was für Hornhaut ab drei Zentimetern Dicke. Außerdem: So ein Seeigel im Fuß ersetzt zwar den Massageball, könnte aber den Krker Arzt dazu zwingen, seine Praxis ein zweites Mal zu öffnen. Und das will ja keiner.

P.S.: Nächster Halt: Dalmatien (Zadar, Hvar und Dubrovnik). Danke für all Eure Tipps dazu!