Ich vererbe einen Bauernhof

Jetzt also Bauernhöfe. Wenn alles gut geht, beschließt die Bundesregierung morgen, dass ich meinem Mann einen Bauernhof vererben darf. Jetzt geht für mich natürlich die Organisiererei los: Ich muss erst mal Land kaufen, einen Hof drauf stellen, Tiere, Traktoren, Pflüge und Eggen kaufen und mich in die Feinheiten der Feldbestellung einarbeiten (Schon mal vorab: Schädlingsbekämpfung beim Kohlrabi-Anbau – Irgendjemand nen guten Tipp?).

Aber bevor ich loslege, kurz zur Erklärung, wie es dazu kam:

Warum denn nicht? 

Am Wochenende haben die Iren für die Gleichstellung der Homo-Ehe gestimmt. Nee, das trifft’s nicht ganz: Sie wurden per Volksentscheid gefragt, ob Schwule und Lesben die gleichen Rechte bekommen sollen und zwei Drittel haben mehr oder weniger in die Urne gebrüllt: „Ja warum denn bitte nicht???“ Das ist nicht schlecht für ein Land, in dem Homosexualität noch bis 1993 strafbar, die Scheidung bis 1995 unmöglich war und ich persönlich immer noch vorsichtig wäre, wenn ich mit einer E-Zigarette oder ähnlichem Hexenwerk zu nahe an einer katholischen Kirche vorbeiginge.

Jetzt meinen viele: Was Irland schafft, was Holland, Spanien, Belgien und viele andere europäische Nationen problemlos hingekriegt haben, das sollte Deutschland doch auch schaffen. Nach Möglichkeit noch vor dem Vatikan. Aber so einfach ist es nicht. Die Kanzlerin hat mehrfach betont, dass sie sich bei der Sache irgendwie nicht wohl fühlt. Und so ein ehrliches, tief empfundenes, uckermärkisches „Nününü!“ muss man auch mal respektieren. Die SPD wiederum bleibt bei ihrer „Also, an uns liegt’s ja nicht!“-Haltung, und wirkt dabei ein bisschen, wie eines dieser langweiligen Spießer-Pärchen, die sich immer als erste von einer Party verabschieden, bei denen aber einer von beiden dem Gastgeber noch scheinheilig zuraunt: „Ich würde ja total gerne noch bleiben, aber mein Mann…“

Aquarien vererben leicht gemacht

So ganz tatenlos will nach dem irischen Rumms trotzdem niemand daneben stehen und deswegen wird am Mittwoch im Kabinett über einen Gesetzentwurf beraten, der eine Besserstellung der Homo-Ehe in vielen Bereichen bewirken soll. Unter anderem eben auch im Bauernhof-Vererben. Mit den weiteren Verbesserungen habe ich mich noch nicht beschäftigt, aber ich gehe davon aus, dass es auch deutlich einfacher wird, Süßwasser-Aquarien zu vermachen, Lieblingsbänke im Stadtpark über den Tod hinaus zu reservieren und Sternpatenschaften zu übertragen.

Das ist im Vergleich zu Irland natürlich ein bisschen, wie wenn die Nachbarn gerade ein chinesisches Feuerwerk allererster Güte abgeflämmt hätten, mit Böllern, Feuerfontänen und abschließender Garagensprengung, und man selbst seinem Kind mit verheißungsvollem Augenzwinkern eine Knallerbse in die Hand drückt.

Aber was soll’s: Man will nicht undankbar erscheinen und deshalb kaufe ich jetzt eben einen Bauernhof. Obwohl: Kinder dürfen wir ja immer noch keine adoptieren. Wenn wir also beide mal tot sind – wer kümmert sich dann um den Hof? Wer gießt den Kohlrabi? Wer füttert die Kühe? Verlottern da in wenigen Jahrzehnten tausende homosexueller Bauernhöfe samt homosexuellem Vieh jämmerlich vor sich hin? Oder anders gefragt: Brauchen wir die Gleichstellung der Homo-Ehe – aus Tierschutzgründen?

Ich glaube, ich kaufe lieber doch erst mal nur ein Aquarium.