Wie immer in solchen Zeiten werden viele schlaue Sätze gesagt und viele dumme. Dumme Sätze erkennt man immer besonders gut daran, dass sie von Markus Söder kommen. Das momentane Highlight in der langen Liste der sehr dummen Markus-Söder-Sätze ist für mich: „Paris ändert alles.“ Es geht mir nicht um den unfassbar unpassenden Zeitpunkt oder die schlecht versteckte politische Agenda, die hinter dieser Äußerung steckt. Es geht mir um den Satz an sich. Denn egal, was in Paris passiert ist und was dort oder irgendwo anders auf der Welt noch passieren wird:
– Ich habe nicht vor, mein Leben auch nur ansatzweise zu ändern.
– Ich werde mit Flugzeugen in den Urlaub fliegen und mit der Bahn zu Auftritten fahren und auf allen vieren aus Kneipen nach hause krabbeln.
– Ich werde mit Freunden essen gehen, Karneval feiern, zu Konzerten und Theateraufführungen gehen und Fußballspiele… ähm… weiterhin ignorieren.
– Ich weiß, dass es „keine hundertprozentige Sicherheit gibt“, das braucht man mir auch nicht alle zwei Monate zu sagen: Ich habe schon Schutzhüllen auf allen meinen Messern und nun ratet mal, wer sich trotzdem jeden zweiten Monat in den Finger säbelt.
– Ich werde weiterhin kritisch sein, ob noch mehr Überwachung die Lösung für alle Probleme ist, weil ich einfach nicht glaube, dass das Einschränken von Freiheiten ein geeignetes Mittel ist, um Freiheit zu schützen.
– Es ist mir auch in Zukunft egal, ob meine Nachbarn ein Kopftuch tragen, einen Turban oder einen Gamsbarthut.
– Ich werde morgens Halbfettjoghurt essen und mir abends Fritten reinpfeifen und all den übrigen widersinnigen Scheiß machen, der mein Leben 38 Jahre lang ausgezeichnet hat.
– Ich werde weiterhin der Meinung sein, dass wir Menschen in Not, die zu uns fliehen, helfen sollten – nicht weil wir eine politische oder historische Verpflichtung dazu haben, oder weil das am End unserer Wirtschaft helfen könnte, sondern weil man das verdammt noch mal mit Menschen in Not so macht.
– Ich bin mit niemandem im Krieg und habe nicht vor, das jemals zu ändern. (Von dem Typen, der mir immer Müll in den Fahrradkorb wirft, natürlich mal abgesehen).
– Ich werde nicht eine einzelne Religion verteufeln, sondern ganz konsequent weiterhin alle Religionen gleich doof finden.
– Ich bin weiterhin der Ansicht, dass es mich nichts angeht, wer wann sein Profilbild ändert, mit Farben hinterlegt oder ganz löscht, wer um wen trauert und ob er dabei nicht irgendjemanden vergisst, da ich es insgesamt für eine gute Idee halte, sich in sozialen Netzwerken sozial zu verhalten.
– Ich werde weiterhin Witze über Pegida machen und die AfD für einen unerträglichen Populistenverein halten.
– Und ich werde sogar Markus Söder nicht wegen einer einzigen dummen Bemerkung verurteilen, sondern einfach wegen seines gesamten politischen Schaffens.
Ich bin immer noch entsetzt über das, was in Paris passiert ist und alle, die davon betroffen waren und sind, tun mir unendlich leid. Aber davon abgesehen kann man es meiner Ansicht nach gar nicht oft und deutlich genug sagen:
Paris ändert gar nichts.